Herwig Ronacher
Buch: Die Mitte und das Ganze
Diese Webseite zeigt eine Auswahl von Projekten aus über 35 Jahren unseres gemeinsamen Schaffens. Die Arbeiten sind Ausdruck unserer Leidenschaft für die Architektur und stehen im Spannungsfeld zwischen Tradition und Moderne.
Ökologisches Bauen — besonders mit dem Werkstoff Holz, Baubiologie und energiebewusstes Planen sind seit jeher zentrale Elemente unserer Arbeit. Bis heute haben wir mehr als 500 Projekte, vom Einfamilienhaus über öffentliche Bauten, Wohnbauten und Tourismusbauten bis hin zu Krankenhäusern realisiert. Unser Grundanliegen ist es, ganzheitliches Denken auch in der Architektur zu verwirklichen und sichtbar zu machen. Darunter verstehen wir:
Einfache und klare Formen, die sich sowohl aus der Logik der Funktion als auch aus dem landschaftlichen und baulichen Umfeld herleiten;
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Die Suche nach künstlerischem Ausdruck, modern, innovativ und trotzdem zeitlos,
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Energiebewusstes und solares Bauen bis hin zum Passiv- und Plusenergie-Haus;
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Nachhaltiges Bauen mit möglichst ökologischen Baustoffen wie Holz und Lehm;
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Architektur, die in erster Linie den Menschen dient.
Dem kreativen Prozess von der Idee über das Planen zur gebauten Realität, liegt eine große Faszination zu Grunde, die uns bis heute antreibt. Gleichzeitig tragen wir als Architekten eine große Verantwortung bis das Projekt vollendet übergeben werden kann. Neben dem Lösen sämtlicher bautechnischer Details bleibt die richtige Idee des Entwurfs der entscheidende Erfolgsgarant.
Buch: Die Mitte und das Ganze
»Die dringend notwendige
Geisteshaltung lautet: Demut.«
Auch heute, nahezu 25 Jahre nach Erscheinen unseres ersten Buches „Architektur und Zeitgeist“, würden wir Paul Schmitthenners Forderung nach einem „Bauen des Alltags mit Anstand und Würde“ als wichtigstes Gebot nennen. Damit will nicht gesagt sein, dass dem Prozess des Planens und Bauens etwas Unbewegliches, Schweres, Experimentierfeindliches anhaften sollte. Natürlich muss das Bauen die Antwort auf die Bedürfnisse, sowie das zeitgenössische Empfinden und Denken der Menschen sein. Dazu gehört neben dem Ausschöpfen neuer technischer Möglichkeiten, auch das Ergründen innovativer neuer Formen. Deren Auswahl sollte aber generell unter dem Aspekt der Zuträglichkeit für die Menschen, den Genius Loci und für die gesamte Umwelt geschehen. „Die dringend notwendige Geisteshaltung lautet: Demut– vor den Menschen, dem Ort und der Natur.“
Buch: Die Mitte und das Ganze
»Architektur der Mitte steht für das Sowohl — als auch, für die Ganzheitlichkeit der Sichtweise.«
Wir wollen mit unseren Bauten aufzeigen, dass es für das Landschafts-, Stadt- und Dorfbild meist verträglicher ist, aus den archaischen Formen zu schöpfen, anstatt sich aktuellen Modetrends zu unterwerfen. Weiters wollen wir mit einem breiten Spektrum an gebauten Beispielen demonstrieren, dass der angebliche Widerspruch von Bautradition und regionaltypischer Architektur einerseits und zeitgemäßen sowie zukunftsorientieren Themen andererseits — wie Energieeffizienz und Solararchitektur sowie die Erfüllung der Sehnsucht nach viel Licht und Transparenz — aufgelöst werden kann. Architektur der Mitte steht für das „Sowohl — als auch“, für die Ganzheitlichkeit der Sichtweise.
Um den Begriff der „Mitte in der Architektur“ zu erklären haben wir versucht, in einem Kreisdiagramm die fünf wesentlichen Aspekte für gutes Bauen - Ästhetik, Funktion, Technik, Ökonomie, Ökologie - darzustellen. Diese fünf Parameter stehen in Wechselwirkung zueinander. Sie bedingen einander, können sich aber auch widersprechen. Je nach Bauaufgabe kann es zu unterschiedlichen Gewichtungen kommen. Dabei verhält es sich wie im Leben der Menschen: Wird ein Aspekt übermächtig auf Kosten der anderen, schadet es dem Ganzen. Je ausgewogener die Gewichtung der einzelnen Aspekte, desto besser ist das Ergebnis, der Weg der Mitte ist aus unserer Sicht der Königsweg.
Einige dieser Aspekte, wie die neue ökologische und baubiologische Gesinnung, die vor allem in der Wiederentdeckung natürlicher Baustoffe wie Holz und Lehm zum Ausdruck kommt, haben bereits zu einer Trendwende im Bauen geführt. Betrachtet man das Bauen als ganzheitlichen Schöpfungsprozess, so stellen Ökonomie und Ökologie keine Gegensätze dar.
Durchaus aber können technische, funktionale, ökonomische, manchmal sogar ökologische Bedingungen in Widerspruch zu einer ästhetisch einwandfreien Lösung stehen. Der Kreis mit fünf Segmenten ist eine Möglichkeit, den Anspruch der Ganzheitlichkeit guter Architektur darzustellen, als eine Annäherung an die komplexe Frage: Was macht gutes Bauen aus?
© Georg Popp
Die Erfüllung des ästhetischen Aspekts beim Bauen setzt das Entwerfen von Häusern voraus, welche die Sinne der Menschen ansprechen und die Reize, Gefühle, Gedanken positiv beeinflussen. Je stärker Gefühle von Behaglichkeit, Wohlbefinden, Glück und Freude durch das Betrachten, Durchschreiten, Bewohnen oder Betasten von gebautem und gestaltetem Umfeld erlebt werden, desto höher ist das erreichte Maß der Ästhetik. Mit dem Wohlbefinden des Menschen ist in hohem Maße seine Gesundheit verbunden. Der ästhetische Aspekt ist für alle Wahrnehmungen des Menschen von Bedeutung. Da in der Regel die isolierte Betrachtung eines Bauwerkes ohne seine Umgebung nicht möglich ist, ist auch eine Betrachtung des ästhetischen Aspekts nur in der Gesamtheit mit seinem Umfeld möglich und sinnvoll. Oder einfacher ausgedrückt:
Unsere Häuser sollten mindestens so schön sein wie ihre Umgebung. Eine unattraktive Umgebung darf nie Entschuldigung für ein schlecht gestaltetes Gebäude sein.
© Thyssenkrupp Materials Austria GmbH
Die Erfüllung des funktionalen Aspekts des Bauens bedeutet das Schaffen von Formen und Räumen, welche die Lebensbedürfnisse der Menschen wie Wohnen, Arbeiten, Schlafen etc. optimal erfüllt. In der Praxis bedeutet dies etwa die Bewältigung bzw. Organisation vorgegebener Raumprogramme, Raumfolgen und Funktionsablaufe, sodass sich für die Bewohner dieser Räume bestmögliche und angenehme Voraussetzungen ergeben. Die Schaffung kurzer, logischer Wege, günstiger Raumproportionen, die optimale Möblierbarkeit, gute, natürliche Belichtungen und dergleichen sind hier angesprochen. Ein Höchstmaß an Funktionalität ist die „essentielle Tugend“ und führt, wenn sie sich mit den anderen „Tugenden“ der Architektur verbindet, zur Erreichung des Gesamtzieles.
© Peter Rupitsch
Der technische Aspekt des Bauens wird durch die richtige Auswahl der Materialien und Bauweisen, hinsichtlich Standfestigkeit, Witterungsbeständigkeit, klimatischer Eignung, etc. erfüllt, weiters sind sämtliche Anforderungen der Gebäudetechnik zu lösen.
Ein wesentlicher Teilaspekt eines technisch einwandfreien Bauwerkes ist die Erfüllung des konstruktiven Bautenschutzes, denn mit dem Entstehen eines Bauwerkes beginnt „der hinhaltende Kampf gegen die Erosion“ (Univ.-Prof. DI. Horst Gamerith). Bauten sind genauso wie unsere natürliche Umwelt den Einflüssen des Klimas, der Hitze und Kälte und vor allem den Niederschlägen wie Regen, Schnee und Eis ausgesetzt. „Diesen Kampf geordnet zu führen“ ( Univ.-Prof. DI. Horst Gamerith) ist nur durch logisches Konstruieren, durch Anwendung technischen Wissens möglich. Der Architekt ist ins Spannungsfeld zwischen der Faszination des heute Machbaren, etwa der völlig transparenten Gebäudehülle, einerseits und einer dringenden ökologischen Forderung der Minimierung des Energieverbrauches bis hin zum Passivhaus andererseits, geraten.
© Gabriele Moser
Die Berücksichtigung des ökologischen Aspekts bedeutet in diesem Zusammenhang die bewusste Auswahl von Baumaterialien die unter einer geringen Belastung der Umwelt und eines niedrigen Energieverbrauchs hergestellt wurden und möglichst Schadstofffrei sind. Ökologisches Bauen beschränkt sich aber nicht nur auf die Auswahl der Baumaterialien.
Auch die Wahl des Standortes unterliegt der ökologischen Bewertung. Dass die Ökologie nicht in Widerspruch zu den anderen Aspekten zu stehen braucht, wurde vorher schon betont, und dass uns auch hier die Schöpfung selbst als Maßstab dient, liegt auf der Hand.
© Weissensee Information
Die Berücksichtigung des ökonomischen Aspekts bedeutet das Erzielen des besten Ergebnisses unter Verwendung der zur Verfügung stehenden Mittel. Wie bei allen anderen Aspekten, welche gutes Bauen bedingen, ist natürlich auch das Maß der Wirtschaftlichkeit abhängig von der Wertigkeit eines Bauwerkes. Das heißt, dass vor allem bei Gebäuden, welche den Charakter von Repräsentationsbauten haben, zwar dieser Aspekt nicht der wichtigste sein wird, dennoch wird auch hier das beste Ergebnis nur unter Berücksichtigung der ökonomischen Grundlagen zu erzielen sein.
Es gibt wohl kein Bauwerk, bei welchem sich Architekt und Bauherr nicht ein höheres Budget für dessen Verwirklichung wünschen. Aber die Beschränkung ist eine Herausforderung, um unsere Kreativität immer wieder zu fordern. Daher wird Baukunst letztlich auch daran zu messen sein, was mit einem vorgegebenen Budget erreicht werden kann. Und auch hier dient uns die Natur als Vorbild, die trotz ihrer Fülle und Vielfalt immer sorgsam mit Energie und Masse umgeht.
Und schließlich muss erwähnt werden, dass zur Bewertung der Ökonomie die Kosten nicht nur für die Errichtung eines Gebäudes, sondern auch für dessen Erhalt berücksichtigt werden müssen.
Erst wenn ökologisches und ökonomisches Denken vereint werden, ist wirklich nachhaltiges Planen und Bauen möglich. Die für viele Menschen bittere Lebensweisheit, dass Erkenntnis oft nur durch (persönliche) Erfahrung möglich ist, gilt auch für die Architektur und für das Bauen im Allgemeinen: Auch wenn Funktionalität und Bautechnik theoretisch vorzüglich gelehrt werden können, so muss doch festgestellt werden, dass die persönliche Erfahrung für den Architekten eine unverzichtbare Voraussetzung für sein Verständnis von Nachhaltigkeit darstellt.
Vor allem das eigene Erfahren in Bezug auf das Erhalten, Pflegen, Erneuern und Reparieren von Gebäuden, führt zu jenem Maß an Vernunft und Logik im Bauen, welches sowohl für die Volkswirtschaft als auch für den eigenen Wohlstand, aber auch für die Qualität der Architektur so wichtig ist.
Architekten
»Architektur hat viele Aufgaben zu erfüllen. Ihre vornehmste ist es, Formen der Harmonie zu schaffen, die den Menschen eine Erhöhung des Bildes der Natur bieten.«
Neuauflage 2020
Die Mitte und das Ganze
Die Neuauflage vom Buch “Die Mitte und das Ganze” erschien 2020 im Verlag Anton Pustet, und ist das zweite Architekturbuch der Architekten Herwig und Andrea Ronacher. Es beinhaltet neben der Philosophie der Autoren vor allem neuere Projekte ab dem Jahr 2000.